Unternehmen präsentieren sich in der Außendarstellung nicht immer wahrheitsgetreu

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Ein fahrlässiger Fehler, der mir immer wieder bei kleinen und mittelständischen Unternehmen auffällt, ist die Diskrepanz zwischen Außendarstellung und Realität. Überwiegend unbewusst und mancherorts auch im vollen Bewusstsein, wird die Außendarstellung von kleinen und mittelständischen Unternehmen beschönigt. Sie wird sogar so sehr beschönigt, dass sie mit der Realität nichts mehr zu tun hat. Was das bedeutet und welche negativen Auswirkungen das auf Unternehmen hat möchte ich dir anhand von Beispielen verdeutlichen.

01. Recruiting

Hattest du schon einmal ein Vorstellungsgespräch, in dem der Arbeitgeber in den höchsten Tönen von seinem Unternehmen geschwärmt hat. Was für ein großartiges Arbeitsklima und Miteinander innerhalb der Belegschaft herrscht und das sehr viel Wert auf die Ideen, Impulse und Ansichten der Mitarbeiter gelegt wird?
Klingt gut – hast auch du dir gedacht, und den Job sofort angenommen.
Nach wenigen Wochen kam dann die Ernüchterung. Das Arbeitsklima war alles andere als kollegial. Jeder war sich selbst der Nächste und hat nur zu seinem eigenen Vorteil gehandelt. Ideen und Verbesserungsvorschläge wurden konsequent abgelehnt. Die Folge: Du als Mitarbeiter warst demotiviert und hast dich verständlicherweise verarscht gefühlt. Demzufolge hast du innerlich schon gekündigt und begonnen dich erneut am Arbeitsmarkt nach potenziellen Arbeitgebern umzuschauen.
Für dich als Angestellten bedeutet das erneut den Aufwand einer Bewerbungsphase in Kauf zu nehmen. Für den Arbeitgeber hingegen bedeutet das, neben dem Aufwand einen neuen Mitarbeiter einzustellen, auch einen Imageschade. Gerade heute in der digitalen, vernetzten Welt verbreiten sich solche Informationen wie Lauffeuer im Freundeskreis, den Sozialen und nicht zuletzt in den Business Netzwerken. Am Ende des Tages wundern sich die Arbeitgeber darüber:
Die Frage ist: Woher kommt diese Diskrepanz? Womöglich ist es den leitenden und handelnden Personen aus der Geschäftsleitung und dem HR (Personalwesen) selbst nicht bewusst, dass die vorgegebenen Unternehmenswerte und -leitlinien von den Angestellten nicht wie gewünscht eingehalten und umgesetzt werden. Oder aber es existieren einfach noch keine Vorgabe. So oder so besteht akuter Handlungsbedarf, denn ein Unternehmensleitbild bildet das Fundament eines jeden Unternehmenserfolges. Insgeheim wünschen sich Arbeitgeber auch Mitarbeiter, die sich zu 100 Prozent mit dem eigenen Unternehmen identifizieren und in kritischen Phasen die oft zitierte „extra Meile“ gehen. Wenn Bewerber mit gezinkten Karten spielen und der Arbeitgeber dahinter kommt ist der Aufschrei immer groß. Wenn Arbeitgeber das tun, bekommen sie dafür die Quittung in Form von schlechten Arbeitgeber Bewertungen, hoher Fluktuation sowie einen schlechten Ruf als Arbeitgeber.
Ist es für uns als Gesellschaft nicht viel schöner und erstrebenswert, wenn mehr Arbeitskräfte und Arbeitgeber zusammenfinden, deren Werte, Weltanschauungen und Sichtweisen übereinstimmen? Wäre dadurch die Gesellschaft als ganzen nicht viel Zufriedener?

02. Arbeitsplätze sind sicher

Angenommen du bist Abteilungsleiter in einem Unternehmen, das zu den Marktführen in seiner Branche gehört. Die Zeichen stehen weiter auf Wachstum denn das Unternehmen hat erst kürzlich eine Fusion mit einem Wettbewerber angekündigt. Als das Kartellamt schließlich seine Zustimmung erteilt hat wurden auch schon diverse Pressemeldungen verfasst, in denen es natürlich nur positives zu berichten gab. Mehrfach wird erwähnt, dass trotz der Fusion sämtliche Arbeitsplätze sicher sind.
Nachdem einige Wochen ins Land gezogen sind poppt plötzlich eine E-Mail-Benachrichtigung auf, dass Abteilungsleiter „xyz“ mit sofortiger Wirkung nicht mehr für dein Unternehmen tätig ist. Eine Woche später erhältst du die nächste E-Mail mit dem Hinweis, dass Abteilungsleiter „abc“ mit sofortiger Wirkung nicht mehr für dein Unternehmen tätig ist. Berechtigterweise machst auch du dir Sorgen über deinen Arbeitsplatz. Letzten Endes konfrontierst du deinen Unternehmer mit der Sachlage und bittest ihn dir mitzuteilen, ob auch du dir Sorgen um deinen Arbeitsplatz machen musst. Daraufhin entgegnet er dir, dass du dir keine Sorgen machen musst und dass die Kündigungen auf Grund der Fusion unumgänglich waren. Man brauche für Abteilungen, die zusammengeführt werden, eben keine zwei Führungskräfte.
Jeder kann für sich selbst beurteilen, wie gut oder schlecht die Kommunikationsstrategie des Unternehmens war. Fakt ist: Das Unternehmen hat bei der eigenen Belegschaft an Glaubwürdigkeit verloren und zu allem Überfluss läuft es Gefahr einen Imageschaden davonzutragen, wenn die Sache an die Öffentlichkeit gelangt.
Auch hier haben wir wieder ein typisches Szenario, in dem sich die Außendarstellung von der Realität unterscheidet. Und das führt langfristig immer zu Problemen und einem Vertrauensverlust, ganz gleich ob Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Partner oder Aktionäre als Leidtragende betroffen sind.

03. Modernste Technologie

In Vorstellungs- und Verkaufsgesprächen stellen sich Unternehmen gerne so dar, als hätten sie die aktuell bestmögliche Technologie im Einsatz. Irgendwo nachvollziehbar, denn letzten Endes möchte man alles Erdenkliche unternehmen, um den Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Partner und Aktionär für sich zu gewinnen. Dennoch stellt sich die Frage, ob das langfristig die beste Lösung ist, die einem zum späteren Zeitpunkt nicht in irgendeiner Form auf die Füße fällt.
Könnte man stattdessen nicht einfach die Wahrheit sagen, die ebenfalls eine positive Wirkung auf den Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten oder Aktionär hat? Wir haben nicht die aktuell bestmögliche Technologie im Einsatz, da wir als kleines und mittelständisches Unternehmen nicht alle 3 Jahre eine komplett neue IT-Infrastruktur benötigen. Wir sind bestrebt unseren Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, Partner und Aktionären die bestmögliche Nutzererfahrung zur Verfügung zu stellen und werden bei Bedarf entsprechende Handlungsschritte einleiten.
Beispiele für eine klassische Misskommunikation wenn es um den Einsatz moderner Technik geht:

04. Junges Team

So lange man ein junges dynamisches Team ist, das noch voller Tatendrang und Ideenreichtum sprudelt, spricht nichts dagegen dies auch so nach außen zu kommunizieren. Bitte behalte dennoch im Hinterkopf, dass niemand vor dem Altern bewahrt wird. Ruck zuck sind 5 bis 10 Jahre vergangen, nach denen man nicht mehr so jung und dynamisch ist, wie zuvor. Wenn man dann nach 10 Jahren immer noch in jedem Vorstellungsgespräch in der Arbeitgebervorstellung davon spricht, dass man ein junges Team hat, passt das dann nicht mehr so zusammen wie einst zusammengepasst hat. Vorausgesetzt die Belegschaft hat sich in der Zeitspanne nicht großartig verändert.
All die Dinge, die nach außen kommuniziert werden, sollten ständig auf dem Prüfstand stehen. Entspricht das noch den aktuellen Gegebenheiten? Hat sich das Unternehmen in irgendeiner Art und Weise verändert, sodass Aussagen, die man sich über Jahre hinweg angeeignet hat, nicht mehr stimmen?
Dieses Beispiel ist weniger dramatisch als die zuvor genannten. Dennoch verdeutlich es eindrucksvoll, dass man eine Marke hegen und pflegen und auf die noch so kleinen Dinge achten muss. Stell dir einmal vor du stellst einen Mitarbeiter (20 Jahre alt) ein, der Bock auf ein junges Team hat und an seinem ersten Arbeitstag feststellen muss, dass er es ausschließlich mit Menschen zu tun hat, die 35+ Jahre alt sind. Natürlich ist man nur so alt, wie man sich fühlt, dennoch kann es sein, dass dieser junge Mitarbeiter sich während der Probezeit wieder verabschiedet.

05. Gleichberechtigung

Vielerorts wird von Gleichberechtigung gesprochen. Nicht zuletzt, da das Thema immer und immer wieder und in vielerlei Hinsicht in den Medien präsent ist. Ethnische, religiöse oder geschlechterspezifische Unterschiede sind die Themen, worauf viele Konflikte zurückzuführen sind. Aber auch Personengruppen, die anderen Minderheiten angehören, werden zum Teil bewusst oder unbewusst benachteiligt und diskriminiert. Dazu gehören unangebrachte Witze, Sprüche, banale Ausschlusskriterien und eine faire Vergütung.
Sollte es nicht normal sein, dass jedes Individuum sein Leben so gestalten kann, wie man es für richtig erachtet, ohne dabei in irgendeiner Form eine Benachteiligung zu erhalten. Das sind alles hochsensible Themen, die bei einer falschen Handhabung ein großes negatives Licht auf dein Unternehmen werfen. Sei dir deshalb von Beginn an bewusst, welche Tragweite es hat deine Werte nach außen zu kommunizieren, denn daran wirst du mit deinem Unternehmen gemessen.
Für mich persönlich ist es das normalste auf der Welt allen Menschen gleich freundliche gegenüber zu treten und niemanden aus den genannten Gründen zu diskriminieren. Doch aus persönlicher Erfahrung weiß ich auch, dass dies vielerorts toleriert und sogar von oberster Ebene vorgelebt wird.

06. Fazit

Wenn Kunden, Lieferanten, Partner, Aktionäre und Mitarbeiter mit Aussagen der Superlative von einer Zusammenarbeit überzeugt werden, die nicht den Tatsachen entsprechen ist das meiner Meinung nach nicht nur unauthentisch, sondern ganz klar eine Form der Unehrlichkeit und Täuschung. Auf der Straße nennt man Menschen, die vorgeben etwas anderes zu sein, als sie tatsächlich sind, Blender.
Ich wünsche mir, dass wir in die Welt der kleinen und mittelständischen Unternehmen mehr Authentizität, Ehrlichkeit und Unternehmensleitbilder reinbringen. Denn die kleinen und mittelständischen Unternehmen von heute, sind die möglichen Vorzeigeunternehmen von Morgen. Schaut man sich an, was all die großen Unternehmen, die zum Teil auch an der Börse gehandelt werden gemeinsam haben so ist es das Verkaufen der eigenen Vision, die, wie du noch lernen wirst, Teil eines Unternehmensleitbildes ist und als Grundlage für sämtliche Marketingaktivitäten herangezogen wird.